Moratorium
ja - aber nicht für Salinas
Die Salzförderung darf nicht mehr auf die lange
Bank geschoben werden. Salinas wird klagen.
Salinas will sich die Verzögerungstaktik der Behörden nicht
länger gefallen lassen. Das Unternehmen hat dem Landesbergamt eine
Frist zur endgültigen Entscheidung über die Bohrgenehmigung
gesetzt. Danach wird Salinas die Verantwortlichen wegen Untätigkeit
verklagen. Der so genannte Konsensvertrag vom 14. Juni 2000 zwischen
der rot-grünen Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen
regelt bekanntlich den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie. Die
Inhalte dieser Vereinbarung wurden inzwischen auch weitgehend in das
Atomgesetz aufgenommen. So wurden beispielsweise die Elektrizitätsmengen,
die jedes einzelne Atomkraftwerk insgesamt produzieren darf, im Atomgesetz
bestimmt. Ist diese Reststrommenge erreicht (und wird das Gesetz nicht
von zukünftigen Parlamentsmehrheiten geändert), soll Schluss
sein mit der Produktion von Atomstrom und dem Betrieb der Atomkraftwerke.
So jedenfalls steht es auf dem Papier. Dennoch bleibt der Salzstock
Gorleben Objekt der Begierde der Atomindustrie. Die Atombetreiber brauchen
Gorleben als Entsorgungsnachweis gegenüber Behörden und Gerichten.
Bekanntlich verbleibt ja aus der Produktion des Atomstroms das Erbe
der radioaktiven Abfälle, die Jahrtausende lang Gefahr bringen
und deshalb sicher von der Biosphäre ferngehalten werden müssen.
Auch weiterhin stehen also die Atomindustrie und Salinas in Konkurrenz.
Die Kernfrage lautet nach wie vor: Salz fördern oder Atommüll
lagern - wer darf den Gorlebener Salzstock zukünftig für seine
Zwecke nutzen?
Protest, der sich gesalzen hat. Stunkparade gegen
Castortransport November 2001
Rechtsposition von Salinas gestärkt
In diesem Konkurrenzkampf wurde die rechtliche Position von Salinas
durch die Entwicklung der letzten zwei Jahre gestärkt. Die wichtigsten
Punkte:
- Unter der letzten CDU-Umweltministerin Merkel waren in das Atomgesetz
Vorschriften aufgenommen worden, die eine Enteignung auch der Teile
des Salzstocks ermöglichen sollten, die Andreas Graf von Bernstorff
gehören und die dieser zur Salzförderung mit Salinas nutzen
will. Diese Vorschriften sind mittlerweile aus dem Atomgesetz wieder
entfernt worden, so dass das rechtliche Instrumentarium zur Verwirklichung
des Endlagers im Bernstorffschen Salz gegen dessen Willen fehlt.
- Mit dem Ausstieg aus der Atomproduktion und durch die Entwicklung
von Techniken zur Verdichtung des Atommülls ist der für ein
Endlager benötigte Raum erheblich geringer geworden. Die ursprünglich
für Gorleben geplanten Dimensionen des Erkundungsbergwerks sind
um ein Vielfaches zu groß. Demnach wäre ein Endlager auf
das gräfliche Salz überhaupt nicht angewiesen, wenn der Ausstieg
-wie beschlossen tatsächlich kommt.
- Inzwischen hat der vom Bundesumweltministerium beauftragte Arbeitskreis
Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AK End) seine Empfehlungen für
die Endlagersuche abgegeben. Wichtigstes Ergebnis: Nicht nur geologische
Kriterien müssen für einen Standort stimmen. Vielmehr sind
von vornherein eine Beteiligung der betroffenen Region und die Prüfung
von Alternativen (Vergleich von mindestens zwei Standorten durch unterirdische
Untersuchungen) erforderlich. In Gorleben gab es weder eine Bürgerbeteiligung
noch ein Vorauswahlverfahren noch die Berücksichtigung alternativer
Möglichkeiten. Der Standort ist deswegen für die Nutzung als
atomares Endlager verbraucht. Er ist schon jetzt durch die Maschen des
vom AK End empfohlenen Auswahlverfahrens gefallen.
Endlager Gorleben noch lange nicht vom Tisch
Es war deshalb eigentlich auch konsequent, dass der Bund schon im
Konsens-Vertrag mit der Atomindustrie als ersten Schritt die Unterbrechung
der Erkundungsarbeiten (Moratorium) in Gorleben für mindestens
drei, längstens jedoch zehn Jahre vereinbart hat: zur Klärung
konzeptioneller und sicherheitstechnischer Fragen, wie es heißt.
Seit Oktober 2000 sind die Erkundungsarbeiten unterbrochen, und der
Salzförderung durch Salinas dürfte eigentlich nichts mehr
im Wege stehen. Eigentlich. Denn in Wahrheit ist der Endlagerstandort
Gorleben noch lange nicht vom Tisch. Wörtlich heißt es nämlich
in der Konsens-Vereinbarung: "Die (bisher) gewonnen geologischen
Erkenntnisse stehen einer Eignungshöffigkeit des Salzstockes Gorleben
... nicht entgegen ... Das Moratorium bedeutet keine Aufgabe von Gorleben
als Standort für ein Endlager." (Wir berichteten ausführlich
im Salzspiegel.)
So verwundert es nicht, dass wir seit Jahren in dem für die Salzförderung
notwendigen Genehmigungsverfahren nicht vorankommen. Die Behörden
verschleppen das Verfahren - mit der Begründung, Salinas würde
mit seinem Vorhaben die Erkundung des Salzstocks und ein mögliches
zukünftiges Atommüllendlager stören. Auch das Unternehmen
Salinas steht also unter einem Moratorium. Und wir meinen: Es ist höchste
Zeit, dieses Moratorium zu beenden. Wir werden deshalb die nun schon
so lange laufenden juristischen Auseinandersetzungen mit allen Möglichkeiten
beschleunigen und zu einer raschen Entscheidung bringen. Allerdings
liegt das nicht allein in unserer Hand, denn man kann Gerichten keine
Termine setzen.
Untätigkeitsklage gegen Behörden
Zur Erinnerung: Salinas und Graf von Bernstorff hatten für zwei
unterschiedliche Standorte jeweils einen Rahmenbetriebsplan für
die Salzförderung beim Bergamt zur Zulassung vorgelegt. Der Betriebsplan
Bernstorff ist unter Auflagen genehmigt worden: Salinas soll nachweisen,
dass das Bergwerk ein zukünftiges Endlager nicht beeinträchtigt.
Gegen diese praktisch unerfüllbare Auflage ist Salinas in Widerspruch
gegangen, der noch nicht entschieden ist. Gleichzeitig hat das Bundesamt
für Strahlenschutz (das bekanntlich seit einiger Zeit unter grüner
Leitung steht) gegen die Zulassung des Plans ebenfalls Widerspruch erhoben.
Wir haben nun gebeten, über den Widerspruch in diesem Sommer zu
entscheiden. Wie die Entscheidung auch ausgeht: Es wird vermutlich zu
einem Klageverfahren kommen, weil beide Seiten auf ihren Positionen
beharren. Da hilft es auch nichts, wenn die Bergbehörde weiterhin
schweigt. Denn dann wird Salinas den Weg der Untätigkeitsklage
gehen.
Beim Rahmenbetriebsplan Salinas sind wir immer noch in einer Vorstufe,
weil der diesem Plan zugrunde liegende Vertrag mit Graf von Bernstorff
über die Rechte zum Salzabbau genehmigt werden muss. Die Genehmigung
wurde vom Oberbergamt verweigert. Die Klage von Salinas hiergegen ist
vor dem Verwaltungsgericht erfolgreich gewesen. Über die vom Bundesamt
für Strahlenschutz bereits im März 2000 betriebene Berufung
ist noch nicht entschieden. Hier bleibt nur, das Gericht um einen baldigen
Verhandlungstermin zu bitten.
Salinas wird also in diesem Jahr alles Nötige unternehmen, um
ein Ende des faktischen Moratoriums für sein Vorhabens zu erreichen.
Die Salzgewinnung darf nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden.
Die juristischen Stolpersteine, die uns immer wieder in den Weg gelegt
werden, müssen endlich beseitigt werden. Das heißt: Das Bundesamt
für Strahlenschutz ist aufgefordert, aus der Entwicklung der letzten
Jahre, insbesondere den Arbeitsergebnissen des AK End, nun endlich die
fällige Konsequenz zu ziehen und auf ein Atommülllager in
zu Gorleben verzichten.
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